Erinnerungen an eine Reise durch Europas Osten – die Ukraine

Wie es der Zufall so will, habe ich dieser Tage gerade Marina Lewyckas Short History of Tractors in Ukrainian (auf deutsch: Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch) in der Hand gehabt, als sich die Lage in der Ukraine extrem verschlechterte, bis es dann zum Krieg kam. Ich schwöre, daß zwischen meiner Lektüre und dem Krieg kein Zusammenhang besteht. Was Putin dieser Tage liest, weiß ich nicht, ich vermute aber, nicht das gleiche Buch.

Dieses Buch enthält unter anderem einige Ausflüge in die Geschichte der Ukraine des 20. Jahrhunderts, und man kann wohl sagen, daß dieses Land, ähnlich Polen eingequetscht zwischen Deutschland und Rußland und zunächst auch der Österreich-Ungarischen Doppelmonarchie, oft nicht unbedingt auf der Sonnenseite gestanden hat.

Nichtsdestotrotz ist das Buch voller Humor. Das braucht man wohl auch.

Ich selbst habe, mit meiner damaligen Partnerin, das Land, wie auch Rußland, im Jahre 1998 bereist.

Es war nicht das Ziel unserer Reise, das war Usbekistan. Wir wohnten einer ungarischen Hochzeit in Budapest bei, außer den Namen der Vermählten habe ich auf dem Standesamt nichts verstanden. Die Feier danach war fantastisch. Den Tag darauf machten wir uns im Zug auf den Weg zur ukrainischen Grenze. Wir hatten ein Visum für Usbekistan, welches man nur per Einladung oder durch ein organisiertes Reiseunternehmen bekommen konnte. Ich hatte es von meiner russischen Verkäuferin im Zeitungsladen in Berlin bekommen, was die ohnehin nicht gerade kleine Gebühr verdoppelte, auf fast 200 Mark, wenn ich mich recht erinnere.

Soweit wir wußten, galt dieses Visum duch einen Vertrag von Staaten der ehemaligen Sowjetunion, der GUS (“Gemeinschaft unabhängiger Staaten”), als ein Transitvisum für alle anderen Länder, um sie in 72 Stunden (je Land) zu durchqueren.

An der Grenze wurde ich von uniformierten ukrainischen Grenzbeamten zur Leibesvisitation aus dem Zug geholt, was mich etwas nervös machte, da der Zug mit meiner Freundin über den Bahnhof hin- und herrangierte, unter anderem, um neue Untergestelle zu bekommen.

In der Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten werden die Gleise in Breitspur verlegt, breiter als die in den meisten Teilen Europas gängigen 1435 Millimeter. Im Osten sind es 1520 mm, 5 Fuß, wie von einem amerikanischen Bahningenieur, George Washington Whistler, 1843 vorgeschlagen, als die Bahn zwischen Moskau und Petersburg gebaut wurde. Das wäre billiger, und mit dem europäischen 1435 mm-Netz war keine Verbindung geplant. So ähnlich sieht es in Australien aus, unser Nachbarstaat New South Wales hat eine andere Spurbreite als unser Victoria.

Kurz danach hatte ich mehr Grund, nervös zu sein. Die Ukraine hatte sich von dem Vertrag, die gegenseitige Anerkennung von Visa betreffend, gelöst, wir hatten kein gültiges Transitvisum.

So kam meine Partnerin dazu, und die Nacht hindurch bis früh morgens saßen wir in der Gesellschaft eines jungen ukrainischen Grenzbeamten im Transitraum. Er hatte seine Kalaschnikow, die AK-47, dabei und versuchte wach zu bleiben, in dem er das Gewehr ab und an zerlegte, reinigte und wieder zusammenfügte. Ich hatte übrigens versucht, ihn zum “Übersehen” unserer Visaprobleme mit einigen US-Dollars zu überreden, das ging aber nicht, wie er mir zu verstehen gab. Seine Vorgesetzten würden das mitkriegen, dann wäre er in Nöten. Er schien uns aber den Bestechungsversuch nicht weiter übelzunehmen und war sehr freundlich.

Wir machten uns im Morgenzug auf den Weg nach Debrecen, wo es kein ukrainisches Konsulat gab, entgegen dem Rat, den wir an der Grenze bekommen hatten, und mußten bis Budapest zurück. Dort telefonierten wir mit der Botschaft. Ja, das Visum könnten wir bekommen, aber es würde eine Woche dauern. Morgen, sofort? Unmöglich, aber wir sollen kommen, von 9 bis 12 wäre die Botschaft geöffnet.

Wir guckten uns die Karte an und dachten an Alternativen, die Ukraine umgehend. Es gab damals noch keine Smartphones, um nachzugucken, und um ans Internet zu gelangen, ging man in ein Internetcafe. Am Morgen gingen wir zur Botschaft und warteten. 10 Uhr. Und warteten. 11 Uhr. Und warteten. Eine Frau wurde wütend und beschimpfte den uniformierten Türsteher, irgendwas mit “Stalin” in ihrem Redeschwall. Weiter warten. Schließlich wurden wir in die Botschaft hineingebeten. Zwei mal 50 Dollar später hatten wir ein Visum.

Kurz darauf saßen wir wieder im Zug nach Kiew. Der Schaffner, der leicht alkoholisch angesäuselt war, zweifelte die Gültigkeit unserer Fahrscheine an, da wir aber keine Anstalten machten, uns auf irgendeinen Kuhhandel einzulassen (“Ja ne panemaju”, ich verstehe nicht), gab er auf und wir erreichten schließlich Kiew.  Angekommen, lief uns eine junge Frau über den Weg, die uns warnte. Sie wäre gerade ein paar Tage zuvor auf dem Bahnhof ausgeraubt worden, man hätte ihr ein Messer an die Kehle gehalten. Was wir hier nur wollten, sie hätte einen deutschen Freund und wollte nichts wie weg. Sie kenne aber die Leute von der Bahnhofsmission und sie würde uns dorthin bringen, wir könnten da übernachten.

Die Bahnhofsmission hatte einen leeren Saal voller Kinderbetten, die wir zusammenschoben, um uns ausstrecken zu können. Unser Gepäck war in einem Eisenkäfig, ob das gut oder schlecht war, konnte ich nicht beurteilen. Wir schauten auf den Bahnhof hinunter, wo große schwarze Ungetüme von Dampfloks Personen- und Güterzüge hinter sich herzogen, und schliefen schließlich ein.

Am Morgen bedankten wir uns bei den Frauen von der Mission und gingen in die Stadt. Straßenhändler boten Schuhe und Spielzeug an. Wir steuerten auf das vermeintlich beste Hotel zu, um Geld zu tauschen und eine Karte von der Innenstadt zu bekommen. Der Portier war leider schon betrunken und verstand nur Bahnhof,  aber irgendwie bekamen wir was wir wollten und gingen in die Innenstadt, bewunderten den Krestschatik mt seinen Stalinbauten und das Staatstheater nahebei und die gutgekleideten hübschen Frauen. Es gab Tuchläden, in denen sich die modebewußte Jugend schöne Stoffe aussuchte. Ob sie selbst nähten oder aber nähen ließen, kann ich leider nicht sagen.

Später fuhren wir nach Charkow, der zweitgrößten Stadt der Ukraine. Bauleute pfiffen von hoch oben meiner Freundin nach, auf dem Markt hörte man, wie überall auf unserer Reise 1998, Modern Talking. Meine Freundin hatte fürs erste genug Abenteuer. Entgegen sonstiger Gepflogenheiten steuerte sie uns in den McDomalds hinein, und von dort betrachteten wir das Marktgeschehen, als auch die quasi-militärische Rangfolge der Angestellten bei Maccas. Die in grünen  Uniformen machten sauber, die in blau überwachten, in rot bedienten an der Kasse usw. usf. – eine echte postkommunistische Klassengesellschaft.

Weite Blicke

Auf dem Weg vom Einkauf nach Hause radelte ich eine dieser langen Straßen entlang, die es in Melbourne wohl tausende Male gibt. Oft sind die ein- und zweistöckigen Häuser hinter Bäumen “versteckt”, die unsere Straßen säumen. Das können einheimische Eukalypthen sein, Bäume aus der ‘Alten Welt”, wie .zb. Platanen, Ahorn oder Kastanien, oder farbenfroh blühende Zierbäume aus aller Welt, wie z.B. Jacarandas aus Lateinamerika oder Myrtle-Bäume.

Die geraden Straßen wurden oft vor langer Zeit angelegt. Seitdem die Stadt vom Auto beherrscht wird, ist der Wunsch gewachsen, Ruhe vor dem Haus zu haben und den Verkehr auf großen Schnellstraßen zu kanalisieren. Daher sind jahrzehntelang sehr viele gewundene Straßen entstanden, die, in der Neuzeit zusätzlich mit speed humps, Huckeln, an denen man abbremsen muß, versehen, den Durchgangsverkehr abhalten sollen.

Für den Fahrradfahrer sind solche Straßen natürlich schöner. Ich bevorzuge sie und ziehe sie den auf die Fahrbahn gemalten Fahrradwegen an Schnellstraßen vor. Diese sind ja manchmal eher potentielle Todesstreifen, auf denen man sein drittes Auge auf die an der Straße parkenden Autos wirft und versucht, frühmöglichst die Autohalter zu erspähen, bevor sie die Tür öffnen, in die man dann hineinradeln darf, schnell abbremsen und so über den Lenker “abzusteigen” oder einen Schwenk zu versuchen, der, wenn man das nicht vorausgeahnt hat, einen in die Fahrspur eines vorbeifahrenden Lasters geraten läßt.

In den alten quadratisch-praktischen Vororten gibt es oft zwischen den größeren Straßen noch die dunny lanes, “Klogassen”. Im Garten stand ja früher oft das Plumpsklo, und das mußte ab und an geleert werden. Zu diesem Zwecke hat der dunny man  nachts den Zugang durch die Hintertür bekommen.

Dies sind die Gassen, mit denen ich die ersten Schuljahre meiner Kinder zur Schule geradelt bin, bis diese sich allein auf den Weg gemacht haben. Bis heute radele ich oft durch solche kleinen Straßen, die heute oft Garagenstraßen geworden sind.

Generell kann man sehr gut durch Melbourne radeln, durch solche Straßen oder aber an Flüssen und Bächen entlang, durch Parks und anderes. Melbourne ist nicht zu hügelig, obwohl man doch ab und an merkt, daß Mount Martha oder Mount Waverley doch etwas mit der Landschaft und Anstiegen (und rasantem Runterradeln) zu tun haben. Wer seine Wege zumeist mit dem Auto erledigt, hat wahrscheinlich weniger Landschaft denn Linien und Gitter im Kopf, wenn er an Melbourne denkt.

Ich denke übrigens, daß Laufen und Fahrradfahren als alltägliche Fortbewegung gut geeignet sind, um sich mit seine Umwelt und seinen Mitmenschen auseinanderzusetzen. Der Autofahrer gleitet ja doch eher einer Insel auf vier Rädern durch die Gegend, und statt Mitmenschen zu begegnen, lassen sie sich vielleicht durchs Radio unterhalten, in dem oft sogenanntes Talkback Radio läuft, wo sich frustrierte Menschen über Gott und die Welt beschweren. (Ich mach das stattdessen hier;-)  Wer das als “Volkes Stimme” wahrnimmt, wird ganz sicher ein Pessimist, was die Menschheit angeht, und davon überzeugt, daß die Anderen alle in Horden an der nächsten Straßenecke nur darauf warten, ihn des Autos zu berauben, seine Frau zu vergewaltigen und die Kinder zu ertränken.

Die Fahrradfahrer sind dabei so ziemlich die Schlimmsten. Mir fällt gerade eine Geschichte vom Anfang der Pandemie wieder ein. Zu Beginn der Pandemie wurden Masken drinnen und draußen Pflicht. Ausgenommen waren davon Sporttreibende, wie Läufer und Radler. Es gab einige praktische Witze, wie man z.B. einer Strafe entkommt: “Just do a runner”, was im Jargon bedeutet, daß man davonläuft, wörtlich aber, zum Läufer zu werden.

Mary aus Northcote veranlaßte diese Regelung zu folgendem Leserbrief:

“Vor kurzem hielt ich mit dem Auto an der Ampel an und drehte mein Fenster hinunter. Ein Radler stoppte neben mir, drehte seinen Kopf in meine Richtung und spuckte auf die Straße. Sein Gesicht war etwa 30 cm von meinem entfernt.”

Ich habe mir diese Situation so vorgestellt:

Mary fährt Auto und muß an der Ampel anhalten. Wahrscheinlich hat sie die Heizung auf Anschlag, Hitzeanwallungen oder aber einfach einen hochroten Kof nach einer Stunde Radiohören. Sonst macht man im Juli das Fenster nicht auf, es sind 10 Grad draußen.

Da kommt der Fahrradfahrer. Das Gesicht ist dreißig Zentimeter von ihrem entfernt. Mary wird wohl in einem Toorak-Traktor, einem stadttauglichen allradgetriebenen Hochsitzer, durch die Gegend fahren. Über andere Autos sehe ich als Radler hinweg.

Wie der Radler denn Mary erblickt, überkommt ihn der nicht zu unterdrückende Drang, auszuspucken. Gott sei Dank trifft die Spucke nicht Mary, sondern landet auf der Straße. Pfffh. Welche Erleichterung. Alles ist gutgegangen, und Mary kann nach Hause fahren, um über ihre near death experience, ihre Begegnung mit dem Tode, in der Tageszeitung zu berichten.

Zurück zu den weiten Blick mit viel viel Himmel. Den kann man in Melbourne wirklich sehr viel genießen.  Ob im Alltag am Meer, am Albert Park Lake nahe meiner Arbeit, vom Büro zur Innenstadt, beim Bogenschießen oder am Wochenende, wie z.B. an Arthur Seat auf der Mornington Peninsula.

Vor Jahrzehnten, als es noch keine mehrstöckigen Wohnhäuser oder Bürotürme gab, haben Stadtarchiteckten oft öffentliche Gebäude, Denkmäler und Kirchen an Sichtachsen angelegt. Davon ist in der Zwischenzeit einiges verloren gegangen, wie z.B. der Blick auf die Katholische Kirche in Middle Park, die ich entlang der Richardson Street von vielleicht einem Kilometer Entfernung sehen konnte. Vor vielleicht zehn Jahren wurden in der Straßenmitte Bäume geplanzt, die jetzt diesen Anblick der Kirche verstecken.

Von der South Melbourne Town Hall, dem Rathaus von South Melbourne, kann man die Straße hinunter zum Shrine of Remembrance gucken, ein Mahnmal für gefallenene Soldaten. Heute sieht er etwas eingezwängt aus.

Zum Abschied für diese etwas weitschweifige Glosse ein Nachtbild: Einsamkeit am Abend. Ich habe etwa eine Viertelstunde an einem Vorort auf die Bahn in die Stadt gewartet, aber außer vier jungen Leuten, die aus mir unverständlichen Gründen aus einem mitgetragenen Lautsprecher Achtziger-Jahre-Musik spielten, war keine Menschenseele zu sehen.

Die Bahn war dann typisch spätstündlich spärlich besetzt. Im Kontrast zu beschwerenden Wortmeldungen habe ich an diesem Abend, wie oft, wenn ich mit  Bus und Bahn unterwegs bin, festgestellt, daß die meisten Passagiere Masken tragen. Ich selbst habe mich inzwischen daran gewöhnt, beim Betreten geschlossener Räume diese anzulegen. Ich betrachte es als schützende Höflichkeit, so wie man die Hand vor den Mund hält, wenn man hustet. Wenn’s nicht nützt, schaden kann’s auch nicht. Und es soll Schlimmeres geben als Maskentragen.

Die Taliban von Canberra

Diese Woche haben die Bundespolitiker(innen) in Canberra ein Thema diskutiert, welches die ganze Nation seit Jahren zutiefst beschäftigt, ähnlich wie in Afghanistan: Ist es okay, Schüler(innen) aus der Schule zu werfen?

Was, wenn sie z.B. schwul oder lesbisch sind? Oder darf man vielleicht nur ein bißchen diskriminieren, wenn eine Person transgender ist? Und was, wenn Lehrer(innen) nicht den gewünschten kirchengenehmen Einheitsmaßen entsprechen? Wieviel dürfen erheblich durch Steuergelder unterstützte religiöse Schulen diskriminieren?

Unser Talibanführer Scott Morrison, der seinen Gott in einer aus Amerika importierten Pfingstkirche gefunden hat, hat seinen Mannen (und vielleicht auch Frauen, falls sie denn gefragt sind) eine Religious Discrimination Bill versprochen.  Der Name verrät es schon, es geht um Diskriminierung, nicht um Antidiskriminierung.

Australien hat keine Verfassung, die Menschenrechte schützt. Die Freiheit der Ausübung der Religion ist seit der Gründung Australiens im Jahre 1901 hingegen in der Verfassung verankert.

Ich kann es kaum erwarten, wenn das Parlament wieder zusammensitzt, wie üblich die Sitzung mit dem Vaterunser beginnt, und dann zum dringendsten Tagesordnungspunkt userer Zeit übergeht: der fürchterlichen Diskriminierung von Christen und anderen religiösen Menschen.

Australien hat wahrscheinlich noch nicht einmal Hexenverbrennungen erlebt, sondern nur “Ditch the witch”-Proteste, “Werdet die Hexe los”, gegen eine Frau, Julia Gilliard, die aus Versehen Ministerpräsidentin geworden ist. Die Plakate waren auf Demonstrationen zu sehen, angeführt vom damaligen Oppositionsführer Tony Abbott und unterstützt von verarmenden Bergbaumilionär(inn)en. Der wurde dann Ministerpräsident und Scott Morrison sein Minister für Einwanderung und dann für Soziales. Seit damals beweist er stetig seine christliche Fürsorge für Arbeitslose, Flüchtlinge und andere Bedürftige.

Neues um das Park Hotel – Djokovic, Flüchtlinge und Impfgegner

Wenn man mit der Straßenbahn oder dem Fahrrad aus der Innenstadt Richtung Norden fährt (Autos sind in dem Abschnitt der Swanston Street in der Innenstadt nicht erlaubt), vom Fluß und der Flinders Street Station weg, erreicht man einen der sogenannten “Inner Suburbs”, Carlton. Auf der linken Seite ist ein kleiner Platz, der in den letzten nun bald zwei Jahren öfter Schauplatz zumeist kleinerer Kundgebungen war. Ab und an wird in die Richtung eines ziemlich quadratisch-praktisch aussehenden Gebäudes gewunken, und hinter getönten Scheiben kann man Lichter zurückwinken sehen.

Es “beherbergt” seit ca. zwei Jahren Flüchtlinge, und derzeit auch einen der besten Tennisspieler der Welt, Novak Djokovic.

Letzterer wurde, wie viele wissen werden, nach Landung in Melbourne von den Grenzbehörden in den Gewahrsam genommen, um mit dem nächsten Flugzeug zurückgeschickt zu werden. Grund ist seine fehlende Impfung gegen den Corona-Virus, ohne die man gewöhnlicherweise nicht nach Australien einreisen kann, er behauptet, eine gültige Ausnahmegenehmigung zu haben. Derzeit streiten sich Djokovic und seine Anwälte mit den australischen Behörden, um seine Abschiebung zu verhindern.

Im Jahre 2019 haben unabhängige Parlamentarier (die weder der regierenden rechtsgerichteten Koalition von Liberals und Nationals noch der “großen” Oppositionspartei, der sozialdemokratischen Labor Party angehören), eine gegen den Willen der Regierung verabschiedete Gesetzgebung angestoßen, die es möglich machte, Flüchtlinge, die für Jahre auf Nauru oder Manus Island festsaßen, nach Australien zu bringen, um sie hier behandeln zu lassen. Einige Monate später gelang es der Regierung, dieses Gesetz zu widerrufen.

Im Hotel leben derzeit mehr als 30 anerkannte Flüchtlinge, die nach dieser “Medevac”-Gesetzgebung nach Australien kamen. Zumeist aus dem Irak und Afghanistan stammend, könnn sie nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Die australische Bundesregierung verweigert ihnen aber auch die Einwanderung nach Australien. Sie leben seit neun Jahren eingesperrt, ohne zu wissen, was mit ihnen in der Zukunft passieren wird. Federführend in dieser “Nichtprozedur” waren und sind Scott Morrison, zunächst als Einwanderungsminister und nun als Ministerpräsident, und Peter Dutton, der, als er Verteidigungsminister wurde,  sein Amt an Karen Andrews abgab, die heute für den Grenzschutz zuständig ist.

Vor dem Hotel versammeln sich regelmässig kleinere Gruppen, um gegen diese brutale Nichtbehandlung von Flüchtlingen zu protestieren. Um die Flüchtlinge mundtot und unsichtbar zu machen, wurden ihre Fenster zugeschraubt und die Scheiben getönt. Daher sieht man nur das Licht ihrer Mobiltelefone, wenn sie zurückwinken.

In den letzten Tagen bekamen diese Protestierenden Gesellschaft. So sah ich am Freitagabend vielleicht 50 Serben, Landsleute von Djokovic, für den sie sich einsetzen, die, teilweise in Trachten und mit Nationalfahnen ausgekleidet,  vor dem Hotel sangen und tanzten.

Darunter waren zumindest einige, die auch mit Djokovic’ Widerstand gegen Impfungen sympathisieren. Die “Großmütter für Flüchtlinge”, die sich natürlich die Möglichkeit, auf das Schicksal der Flüchtlinge hinzuweisen, wenn Fernsehteams, wie z.B. das BBC-Frühstücksfernsehen,  nicht entgehen lassen wollen, waren ihnen gar nicht recht. Einige Serben wollten sich mit diesen maskentragenden älteren Frauen anlegen. Diese blieben ruhig, und im Laufe des Abends haben einige Serben etwas über die Flüchtlinge hinzugelernt.

Am Ende sangen die Serben “Happy Birthday” für Mehdi, einen iranischen Flüchtling, der im Hotel seinen zweiten Geburtstag verlebte, wenn man das als Leben bezeichen kann. Er erreichte Australien als 15jähriger. Seine in Gefangenschaft verbrachten Geburtstage, bis jetzt: 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24.

Am Samstagmorgen war es vor dem Hotel ruhig, nur die Bundespolizei war da. Ob er sich um die Fluchtlinge kümmere, fragte ich einen der Polizisten. “Ja, das ist mein Job”, antwortete er. Es klang nicht enthusiastisch, ein wenig entschuldigend.

Am Nachmittag war eine andere kleinere Gruppe, vielleicht zwanzig, vor dem Hotel: Eureka-Flaggen schwenkende Impfgegner. Ich fragte einen etwa 20jährigen, ob er sich für die Freiheit für die Flüchtlinge einsetze. “Nein, ich bin für Novak [Djokovic] hier.”.

“Der ist Millionär, und kann sich sicher um sich selbst kümmern – vielleicht doch für die Flüchtlinge?”, fragte ich ihn.

“Nein, über die Flüchtlinge weiß ich nicht Bescheid”. “Bist Du Australier?” “Ja. Und wo kommt dein Akzent her?” “Aus Deutschland.” “Ach, da leben die Flüchtlinge doch alle in Ghettos jetzt.”

ich drückte meine Verwunderung aus, daß er über die Flüchtlinge in Deutschland so gut Bescheid weiß, aber nichts über die vor seiner Nase.

Inzwischen kamen zwei etwas ältere recht massive Männer hinzu. “Du kannst jetzt gehen.” Es klang drohend. “Freiheit” ist denn doch relativ. Das heißt noch lange nicht, daß man was sagen darf, was diese “Freiheitskämpfer” nicht mögen.

 

2022 zum Ersten: Besuch in Cranbournes Botanischen Garten

.. der auch der Australian Garden genannt wird, da er sich, anders als der botanische Garten in der Innenstadt, den in Australien wachsenden Pflanzen widmet.

Nachdem man den Eingang passiert hat, steht man vor einer großen dekorierten Fläche voller roten Sands. Diese Fläche, die während des Rundgangs immer wieder in den Hintergrund rückt, symbolisiert das Innere des australischen Kontinents, das Red Centre, Rote Zentrum. Es ist ein spektakulärer Anblick, wenn auch nicht ganz unstrittig, da er nicht unbedingt typisch für Melbourne und seine Umgebung ist. Entworfen im Jahre 1996 bei Landschaftsarchitekt Paul Thompson und T.C.L., füllt diese Fläche und der Garten eine frühere Sandgrube, auf einem Gelände, welches lange Zeit von der Armee benutzt wurde. Vor der Kolonialisierung waren hier die Boon wurrung zuhause, einer der lokalen Stämme der Kulin Nation, die das Land um die Port Phillip Bay besiedelten.

Der Garten beherbergt eine Handvoll verschiedener Landschaften. Da ist z.B. der trockene Fluß, der der Besucherin, dem Besucher den delikaten Charakter vieler australischer Regionen vor Augen führen soll, die nicht selbstverständliche Anwesenheit von Wasser. Wer jemals im Landesinnere unterwegs war, weiß, daß viele Flußbecken lange Zeit kein Wasser führen, oft bleibt nur etwas in kleinen Teichen, den billabongs, übrig, oder es verschwindet ganz unter der trockenen Erde, bis ein Regenguß frisches Naß bringt.

Dazu im Gegensatz ist im Garten auch eine “Wasserlandschaft” zu sehen.

Wir leben übrigens im zweiten La Nina-Sommer, was ungewöhnlich ist. Dieser Sommer ist selten richtig heiß, auch wenn wir zu Silvester ca. 40 Grad hatten. Inzwischen kam der “cool change” und wir sind wieder bei etwas mehr als 20 Grad angelangt. Das perfekte Wetter für einen Gartenspaziergang.

Es gibt im Garten auch einen Grass Tree Walk, einen mit Grasbäumen bestandenen Pfad, der mich an einen Zweitagemarsch südlich von Perth erinnerte. Als Tourist im Jahre 1997 habe ich mich dort von einem Bus “aussetzen” lassen und bin durch diese Grass Trees gewandert. Es hatte kurz vorher gebrannt, und aus den angekohlten “Bäumen” schossen Samenstangen hervor, vielleicht halbmeterlang, großen Mikrofonen gleichend. Einige Pflanzenarten benutzen oder gar benötigen diese Waldbrände, um sich zu vermehren, da der mit Asche bedeckte Boden die beste Nahrung für frisches Wachstum sind.

Viele Eukalypthen, hier “gum trees” genannt, wachsen besonders nach großen Feuern. So z.B. die Mountain Ashes, die unweit Melbournes in den Dandenong Ranges und anderen bergigen Regionen zu finden sind. Oft verbergen sich unter der Rinde Knospen, aus denen nach den Bränden neues Grün entspringt. Diese Rinde ist oft besonders dick, um die Knospen vor dem Feuer zu schützen. Oft ist sie auch sehr hell und glänzend, um soviel Wärme wie möglich zu reflektieren.

Im Botanischen Garten ist eine Tafel Ferdinand von Müller gewidmet, einem in Rostock geborenen und nach Australien ausgewanderten Botaniker. 1825 in Rostock geboren, wanderte er mit zwei Schwestern 1847 nach Australien aus, da eine der Schwestern gesundheitliche Probleme hatte und der Arzt ihr wärmeres Klima vorschlug. 1853 wurde er vom Governeur Charles La Trobe zum ersten “Regierungsbotaniker” des Staates Victoria ernannt. Später wurde er Direktor des Botanischen Gartens.

Er bemerkte, daß Eukalyphten oft Insekten vertrieben. Ich erinnere mich, daß ich auf Sardinien von der Anpflanzung von Eukalyphtusbäumen nahe an Wasserwegen gehört habe, um Malaria zu beseitigen. Die Tafel im Garten verweist auf solche Anpflanzungen zur Malariabekämpfung unweit Roms hin und erwähnt, daß von Müller dafür vom Papst die Ritterschaft verliehen bekam.

Auf dem Spaziergang durch den Garten fiel mir nicht nur die Vielfalt der Pflanzen auf, sondern auch die der Besucher(innen). Ich hörte chinesisch, indisch, rumänisch und afrikanische Sprachen.

Soviel für heute. Viel Spaß beim Lesen, und bis zum nächsten Mal!

12 Monate in 12 Tagen – Tag 11: Ein Urlaubstag zuhause

Meine Füße brennen. Ein klares Zeichen von Sommer, und daß ich die Füße nicht eingecremt habe, bevor ich mit meiner Frau ins Kayak stieg. Die Sonnencreme war sicher im Auto, während wir uns für Stunden auf dem Fluß vergnügten.

Begonnen hatte der Tag mit dem Einschalten des Radios und Patti Smith zu hören, “Under The Southern Cross”. Was natürlich nicht der schlechteste Start in den Tag ist. Es folgte ein Song von ihrem ersten Album, und schließlich “Dancing Barefoot”. Drei Titel einer Sängerin hintereinander, das verhieß nun nichts Gutes. Patti Smith hat heute ihren 75.Geburtstag. ich hatte befürchtet, daß die Moderatorin etwas anders verkündigt. Gott sei Dank nicht, und Herzlichen Glückwunsch!

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Burnley, wo der Yarra, der “Melbourner Fluß”, an einem Park vorbeifließt und einen gehörigen Knick macht. Wir fanden ein Bootshaus, an dem wir unser Kayak ins Wasser lassen konnten, und auf ging es, drei Stunden stromaufwärts. Wir ließen es gemächlich angehen, es war ein Tag mit mehr als dreißig Grad und wir bewegten uns oft im Schatten. Es ist schon toll, durch eine Stadt zu paddeln und dabei fast zu vergessen, daß man nur ein paar Kilometer vom Stadtzentrum enfernt ist. Ich kenne den Weg am Fluß entlang und bin ihn öfter geradelt. Vom Wasser, vom Boot aus, ist es aber noch viel idyllischer. Ab und an kommt eine Brücke, darüber fährt ein Freeway oder eine Straße mit Straßennbahn oder ein Zug, und die Carlton-Brauerei summt arbeiten vor sich hin und riecht ähnlich, wie ich es aus meiner Zeit nahe der Rostocker Brauerei in Erinnerung habe.  An den Ufern von Richmond baut die Welt teure Appartmenthäuser, ab und an ist ein älteres Anwesen mit privater Anlegestelle, es gibt auch Abschnitte, an denen man keine Häuser sieht. Bäume und Unterholz und Wurzelwerk und Enten und Vogelrufe.

Da wir auf dem Wasser waren, wurden wir nicht so gegrillt, wie es ein Tag, der es wohl auf 34 Grad brachte, vermuten läßt. Trotzdem, nach drei Stunden stromaufwärts kehrten wir um, und trudelten in nur zwei Stunden gemütlich zum Ausgangspunkt zurück, packten ein und fuhren nach Hause. Danach waren wir erst einmal erledigt. Urlaub kann hart sein!

So machte sich die Familie auf ein Weg in ein uns vertrautes indisches Restaurant in Port Melbourne, ließen uns bekochen und bedienen und genossen es. Wir sind ja mmer noch auf Weltreise, in 80 Gaststätten um die Welt.

Soweit ein First World Day. Mir brennen die Füße, die letzte Stunde des Tages hat begonnen, und ich schicke dies jetzt ab. Morgen geht es auf die Zielgerade und ich berichte noch ein wenig von unseren harten Tagen in der Ersten Welt.

Good night and good luck!

 

12 Monate in 12 Tagen – Tag 10: Wie war das noch?

Alles hat ein Ende, wie es so schön heißt, und so auch unsere Lockdowns. An einem Freitagmorgen traf ich mich mit einem Freund zum Radeln, und wir endeten in der Ackland Street von St.Kilda, um einen Kaffee in einer ordentlichen Tasse und ein Stück Kuchen im Sitzen vor dem Cafe zu trinken und zu essen. Was schon ein wenig unwirklich wirkte.

In zwei Jahren Covid sind so manche Selbstverständlichkeiten merkwürdig geworden. Manches mache ich auch heute weniger, ich verzichte auf dieses oder jenes, es gab aber auch einige Dinge, die ich noch nie so richtig mochte. “Takeaways” zum Beispiel, gekochtes Essen aus dem Restaurant, oder Kaffee im Becher. Zum einen möchte ich ein Gaststättenessen oder einen Kaffee in einem Cafe oder einer Gaststätte konsumieren, das Lokal, die Leute ringsherum und das ganze “Brimborium” um Teller, Tassen und Besteck gehören dazu. Zum anderen finde ich es traurig, wenn mein Essen oder Trinken soviel Abfall produziert. Das mache ich nur in Ausnahmefällen.

Gestern fuhr ich mit meiner Familie, und habe meinen Sohn mit einer Box bei KFC “versorgt”. Das war mein erstes Drivethrough in meinem Leben.  Regeln sind dazu da, ab und an ignoriert zu werden, sonst werden sie zur Religion 😉

Nach dem Lockdown konnte man wieder mehr Freunde und Bekannte treffen. Manche habe ich kaum wieder erkannt..

Okay, das war Halloween-Dekoration. Ja, auch hier schleichen sich amerikanische Sitten ein. So lange es bei Halloween bleibt, na gut, meinetwegen.

Gestern habe ich mal wieder ein Loch in einer Hose gefunden. Ich habe dann noch eine andere gefunden, aber langsam wird es knapp.  Ich bin über zwei Jahre auch kaum einkaufen gegangen. Ich muß das jetzt nachholen, um das Bruttosozialprodukt wieder anzukurbeln. Ich bin wirklich ein schlechter Staatsbürger.

12 Monate in 12 Tagen – Tag 9: Warum in der Ferne schweifen

.. Sieh das Gute liegt so nah”, heißt es bei Goethe. Enstsprechend den lokalen Bedingungen habe ich, haben wir, versucht, aus dem Alltag und unserer Umgebung das Beste zu machen.

Eingequetscht zwischen zwei Lockdowns haben wir uns ein Wochenende Zeit und Übernachtung auf der Mornington Peninsula gegönnt. Wir gingen hinter den Dünen spazieren. Mir fällt immer wieder auf, wie sich Strandlandschaften doch gleichen können. Es sind nicht die gleichen Pflanzenarten, die bei uns hier downunder wachsen, aber hier wie in Mecklenburg wächst hinter den Dünen doch eine ziemlich resistente, von Wind und salziger Luft geprägte Pflanzenwelt.

Hier also der Autor, von Casper David Friedrich fotografiert. Das nächste Foto zeigt einen unserer Arbeitsnomaden bei der Ausübung seine beruflichen Tätigkeit in einem Cafe. Für Leute, die am Rechner sitzen, ist ja fast schon egal, wo man sitzt.

Die nächste Atempause zwischen zwei Lockdowns konnte ich einmal wieder Bogenschießen, und ich habe mir einen Montag spontan freigenommen, um ins Museum, die Nationalgalerie, zu gehen.

Es war schon etwas merkwürdig, mit Maske durch das Museum zu schweifen. Ich fand es trotzdem toll, die Prunkstücke einer Ausstellung zum Impressionismus zu sehen.

Auch diese Pause dauerte nur kurz, und wir mußten uns wieder darauf beschränken, was unsere eingeschränkte Welt so zeigte. Frühling im Garten, Ausblicke auf die Stadt, das Meer, die durchradelten Straßen der Umgebung, Williamstown, Einkaufen im Prahran Market, Ausflüge nach Moreland und Footy im Fernsehen.

Zu letzteren beiden Themen habe ich ja zuvor geschrieben. Ich denke, allein die Tatsache, daß ich darüber zeitnah geschrieben habe, sagt etwas darüber aus, daß sich meine Laune zu Ende des Lockdowns no.6 erholte. Melbourne ließ sich impfen, und so war es abzusehen, daß wir fürs erste aus dem gröbsten raus kamen.

Auch haben wir dieses Jahr Familienzuwachs bekommen. Vorhang auf für zwei Fotos, für die das Internet geschaffen wurde: Die von Katzen.

 

 

12 Monate in 12 Tagen – Tag 8: Die blaue Periode

Kein Mensch sollte von mir erwarten, eine detailgetreue Beschreibung der Melbourner Lockdowns abzuliefern. Angeblich gab es sechs davon, und wir sind Weltmeister, mit irgendwas über 250 Tagen bis jetzt, ich glaube das mal denen, die da mitgezählt haben. Für mich wird das in der Erinnerung alles etwas verschwommen, weite Teile der Jahre 2020 und 2021 waren ziemlich gleichförmig. Wobei das nicht wirklich stimmt, es gab eine Menge Variationen. Das Kamasutra der Melbourner Lockdowns verzeichnet Ausgangssperren, die mal ab sieben, mal ab acht, mal ab neun Uhr am Abend zuschlugen, der Ausgangsradius war mal auf fünf, dann auf zehn und dann auf 25 km beschränkt, es gab schöne Wortschöpfungen wie die vertikale Nahrungsaufnahme (am Tresen stehen), mal dies mit Maske, mal ohne das.. kann keiner sagen, es war eintönig. War es aber doch. In der Regel bin ich morgens aus dem Haus geradelt, zum einen war mein Arbeitsplatz weniger als 5km von zuhause entfernt, auch war ich mit einem Schrieb bewaffnet, der mich als systemrelevanter Arbeiter auswies, habe auf der Arbeit alleine den Tag verbracht und bin dann nach Hause geradelt. Je nach Lage und Vorschrift bin ich ab und an ein wenig mit dem  Fahrrad durch die Gegend gedüst, in den letzten Monaten auch einen Morgen pro Woche mit freundlicher Begleitung,  bin schwimmen gegangen, ins Meer, in ein Schwimmbecken im Freien, wenn es ging, oder.. tja, das wars fast schon. Die Lockdowns fanden ja vorallem in den Wintern statt, wo es kühl und öfter auch mal grau ist, und abends ist es früh dunkel. Die Footyklubs sind auf die anderen Bundesländer ausgewichen, die weniger vom Virus betroffen waren. Wir haben stattdessen Footy im Fernsehen gesehen. Das Finale fand letztes Jahr in Brisbane, dieses Jahr in Perth statt.

Natürlich gab und gibt es auch hier Impfgegner (und Demos). Trotzdem, die Lockdowns und Beschränkungen , und vielleicht einfach nur die Vernuft und die Angst vor dem Virus haben dafür gesorgt, daß doch die meisten geimpft sind. In Victoria liegt die Impfquote bei deutlich über 90 Prozent. Ich hoffe, damit werden wir jetzt von dem Schlimmsten verschont. Im Moment ist ja Sommer, da ist es nicht so heftig. Trotzdem, Omicron verbreitet sich hier auch sehr schnell. Am 4.Januar werden meine Frau und ich in der Apotheke praktisch vor dem Haus das dritte Mal geimpft.

Auf Arbeit habe ich mit einer Arbeitsgruppe zu tun, die über Neuseeland und Malaysia verstreut ist, und habe Kollegen in den Philippinen, in Vietnam, in Indien, Mauritius, England, Frankreich.. nicht alles war zu allen Zeiten gleich, aber alle hatten über die zwei Jahre mit dem Virus zu kämpfen.

Das zu hören, relativiert auch. Es ist ja immer einfach zu glauben, daß man es bei sich ganz besonders schlimm erwischt hat. das kann ja denn doch nicht überall sein. Ich kann schon sagen, daß mir der Virus auf den Keks geht – wem nicht? – aber so ganz schlecht geht es uns denn doch nicht..

Wie auch immer, schön geht anders..