Ostern 2017

.. waren wir unterwegs, E. und Familie zu treffen, wie seit Jahren üblich – wenn nicht was dazwischen kommt. Auch dieses Mal haben wir einen Treffpunkt “in der Mitte” gesucht, dieses Mal einen Campingplatz nahe Canberra, der Hauptstadt Australiens, oder auch: das hiesige Bonn (Bundeshauptstadt ohne nennenwertes Nachtleben).

Die Canberra Times vermeldete unter anderem, daß beide Eltern des “durchschnittlichen Hauptstädters” in Australien geboren sind – anders als z.B. in Melbourne, wo im Durschschnitt ein Elternteil zugewandert ist. Es bestätigt meinen Eindruck, daß Canberra sehr bleichgesichtig ist, um mal mit Karl May zu reden.

Wir machten uns am Samstagnachmittag auf den Weg den Hume Highway hinauf. “It takes around nine hours / to clear the Hume Highway” singt Tim Rodgers. Wir brauchen aber nicht so weit zu fahren, und wir haben auch Gott sei Dank nicht so einen traurigen Anlaß wie den, den er im “Paragon Cafe” beschreibt.

Trotzdem ist es schon ein Endchen bis Chiltern, unserem ersten Nachtquartier. Der Weg ist vertraut, von meinen Winterfahrten in die Berge, nach Falls Creek. Nur bleibt mir dieses Mal die Nachtfahrt die gewundenen Straßen hinauf erspart. In Glenrowan machen wir halt. Hier wurde der Buschräuber Ned Kelly gestellt. Die Australier und Kriminelle.. irgendwie kommt mir dieses “Heldentum” etwas spanisch vor.

Wir halten also bei Ned Kelly in Glenrowan an, ich knipse ein Foto der übergroßen Statue, und wir stärken uns bei Kaffee und Kuchen in den Teestuben.

In der Abendämmerung erreichen wir schließlich Chiltern. C. hat es mit dem Zeltaufbau nicht so, er läßt ein paar Strippen weg, wie wir des Nachts bemerken, als plötzlich stürmischer Wind zu Besuch kommt. So muß er im Dunkeln noch einmal hinaus und ein paar weitere Heringe festklopfen. Glücklicherweise ist der Regen nicht so heftig wie es klingt, wenn man im Zelt liegt. Er wird kaum naß und wir können weiterschlafen.

Am Morgen sieht der Himmel noch grau aus, auch regnet es ein wenig. Zum Frühstück gibt es für uns Würstchen von den lokalen Girl Guides, die mit einem Stand die Chiltern Cancer Cruise unterstützen, eine Benefizveranstaltung, die der kürzlich verstorbenen Dianne Gibbens vom nahen Wodonga gewidmet ist, Mitglied eines Auto-Oldtimer-Klubs, der ihr zu Gedenken ein Treffen veranstaltet.

Dave erzählt mir stolz, wie er einen heruntergekommenen Morris Minor aus den 50ern gefunden hat, den ein Pärchen rund um Australien gefahren hat. Er hat sich viel Mühe gemacht, diesen in einen Postwagen umzubauen, wie er tatsächlich in den 50ern in England im Einsatz gewesen ist, und wie er auf die Jagd nach Details ging, um so nahe wie möglich an das Original zu kommen. Er zeigt mir, welche Vorrichtungen bemüht wurden, um die Ladung zu sichern, besonders, weil damals auch Geld mit der Post transportiert wurde.

Ein weiteres Schmuckstück ist ein Sportwagen aus dem Jahre 1926, der noch sehr ursprünglich aussieht, Mich hat auch die Form des verchromten Auspuffs amüsiert.

Wir hatten wohl ziemlich viel Glück mit dem Regen, unweit von uns muß es wesentlich mehr gedonnert, geblitzt und geregnet haben, wie uns die Zeltnachbarn erzählen, die mit Bekannten in Bright telefonierten. Trotzdem sind auch wir betroffen, meine Fahrt wird vom hin und her des Scheibenwischers begleitet.

Schließlich halten wir in Gundagai. Das Essen war nicht so berauschend, das Laufen durch die in den 30ern des 19.Jahrhunderts gegründete Stadt interessant, dank der Schilder, die die Geschichte beschreiben. Eines erinnert an eine der Fluten, im Jahre 1852, als der Murrumbidgee zum wiederholten Male über die Ufer trat. Lokale Ureinwoner retteten mit ihren aus Baumrinde gebauten Kanus weiße Siedler, sonst wäre die Zahl der Ertrunkenen noch höher gewesen. Immerhin starben 78 (oder gar 89?) der damals etwa 250 Einwohner.

Das im Straßenbild zu sehende Family Hotel ist zumindest bis in das Jahr 1858 zurückzuverfolgen, das andere Foto zeigt das Gebäude einer Bank, das im Zuge des Goldrausch von 1864 gebaut wurde.

Auch E. fährt uns durch den Regen entgegen. Wir beschließen, in Canberra nach Unterschlupf zu suchen, und finden diesen in einem Motel an einem Golfklub. Ich lasse mir das Abendbrot mit aus Melbourne mitgebrachtem Aufschnitt schmecken, auch E. erreicht unser Nachtquartier, wir schwatzen und alle freuen sich auf eine Nacht  im warmen Bett. Zeltaufbau ist für den Morgen geplant, wenn sich hoffentlich der Regen  verzogen hat.