Wandern durch die Werribee-Schlucht

Frühmorgens machen M. und ich uns auf den Weg gen Westen. Dabei: ein paar Früchte, ein wenig Brot, verschiedenerlei Wurst und Käse, Wasser und Bier. M. hat den Weg ausgekundschaftet, eine Karte dabei, los geht’s! Das Wetter ist soso, nicht Fisch, nicht Fleisch, grauer Himmel, trotzdem hell, Regen: nein. Über die West Gate Bridge, die Western Ring Road, dann Richtung Ballarat. Nach Passion Play kommt Tom Petty aus den Lautsprechern, ein Konzert in den Hamburger Docks. Unser Gespräch dreht sich um Musik, um unsere Frauen, ein paar Ideen, die Landschaft, durch wir fahren, die Fahrweise der Aussies. Es ist Samstagmorgen, die Autobahn ist nur mäßig befahren, die geringe Geschwindigkeit von 110km/h maximal und die ziemlich teuren Strafzettel sorgen für eine entspannte Fahrt, wenn ich es mit Deutschland vergleiche. Entspannt erreichen wir die richtige Ausfahrt, einmal kurz verfahren und wir sind da. Die letzten paar hundert Meter geht es über eine unbefestigte Straße, unser Stadtauto muß ein paar ordentliche Bodenwellen verkraften, dann sind wir am Parkplatz.

Der Werribee River fließt westlich der Port Phillip Bucht entgegen, 110km lang. Diese Gegend ist durch vulkanische Aktivitäten geprägt, Basalt ergoß sich seit dem Devon über die Ebene. Die Erhebungen nahe der Werribee-Schlucht sind Vulkane und Basaltflüsse aus dem Perm vor etwa 280 Millionen Jahren. Später wurde die Landschaft während Eiszeiten durch Gletscher überformt, die Gipfel abgetragen, die Kanten abgeschliffen, die Landschaft wurde runder. Ein wenig erinnert es mich daher an die Gegend um das thüringische Jena, welche wohl eine ähnliche Erdgeschichte hinter sich hat. Auch wenn die Bäume, die Büsche, Blumen und Vögel hier anders aussehen, die Formen der Landschaften lassen mich trotzdem ab und an an meine alte Heimat denken.

Mit leichten Gepäck machen wir uns auf den 10km langen Rundweg. Es sind schon einige Autos hier, doch noch ist es sehr ruhig. Später begegnen uns mehr Menschen, Studenten sind nicht so früh unterwegs wie wir. So haben wir den Weg zunächst zumeist für uns, bergauf, bergab über rote Erde, Steine durch den australischen Busch. Wir entfernen uns vom Fluß und haben ein paar schöne Ausblicke, Täler und Berge, weit im Osten ragen die Türme der Melbourner Innenstadt aus der Ebene um die Bucht, dahinter das dunkle Band der Dandenongs, der Bergkette im Osten der Stadt. Melbourne ist mehr als 50km entfernt, der Blick sagt etwas über die Plattheit an der Bucht und die klare Luft, die wir hier im Süden des Kontinents genießen.

Unsere Wanderung wird vom Geplätscher unserer wortwerdenden Gedanken begleitet, oft aber stapfen wir stumm daher, ab und an für ein paar Fotos anhaltend. Es dauert nicht lange und wir haben, der Wegzeichnung nach, die Hälfte geschafft, wir werden wesentlich weniger als die am Anfang angegebenen 5 Stunden brauchen. Am Ende werde es etwas mehr als 3 sein, da der Weg am Ende etwas schwieriger wird.

Nach dem westlichsten Ausblick geht es nähmlich nach Süden, hier folgen wir nun dem Wasser des Flusses, während über uns die waldbestandenen Basaltsäulen in den Himmel ragen. Wir gelangen so an ein Badeufer, Needle Beach. Es fällt uns nicht schwer sich vorzustellen, daß diese Landschaft für die australischen Ureinwohner von Bedeutung ist. Der Fluß wird ihnen Fisch gegeben haben, das Wasser lockt Tiere heran,und ein Bad im heißen Sommer verheißt Erfrischung.

Danach kommt der forderndste Abschnitt der Wanderung. Hier treffen sich Fluß und hohe Felsen, an denen man herumklettern muß. An einer Stelle haben die Parkwächter gar Stahlseine angebracht, an denen man sich festhalten kann. Ich bin erstaunt, danach einen jungen Mann auf Krücken zu sehen, der sich zwischen ihnen schnell davonschwingt. Er scheint sich seiner Sache sicher zu sein.

Die letzte Strecke gehen wir einen Weg entlang, der einem Bauern zu verdanken ist, der von 1924 bis 26 mit Dynamit einen Wasserweg in die Felsen geprengt hat, um seine Lupinenfelder zu bewässern.

Schließlich erreichen wir den Parkplatz, an dem wir gestartet sind. Bier und Brot schmecken gut, während wir bunten Vögelchen beim Krumenpicken zuschauen. Entspannt geht es dann nach Hause.