The Nuclear Debate – Thrashing Australia for political gains

A letter to the Melbourne newspaper The Age

The Wikipedia summarises the costs of power generation installation by source.

https://en.wikipedia.org/wiki/Cost_of_electricity_by_source#Regional_studies

The details are referenced and can be found on the agency’s website.

From 2010 to 2020, the costs to install photovoltaic felt from $396.1 per MWh to $32.80 or by 92%. The costs of onshore wind farms fro $149.30 to 34.10 – a reduction by 77%.

The costs of nuclear felt from $119% to $90.1 to 2018, a reduction by just 24%. The gains are not expected to be big, the costs are too high and no nuclear reactors are expected to be built in US if not actively pushed by other than economic reasons. So the agency stopped to rate them in 2019.

Michael Angwin from Hawthorn is wrong accusing the CSIRO of not doing the task to bring the costs down. It is just putting lipstick on a pick. That is not the job of scientists.

I worked at the Institute for Electrical Engineering at the Technical University in Berlin in the 90ies. It was clear then that nuclear power does not have a future. That has not changed.

We will bake in high energy prices for decades to come if we build nuclear power stations. It will take more than a decade until the first kilowatt is available. It will be unwanted and has to be propped up by the government to stay online ands will need government money if they do not generate energy any more.

The coalition is dragging our economy backwards for decades by now. To stay on this topic (not mentioning our car industry or NBN): It was coal, then gas, now nuclear. This is another thrashing of Australia for political gains.

It is not enough just to report politics like a football game. We have to check facts. Otherwise, the football that gets kicked is us, the people.

Wahlhelfer

Letzte Woche habe ich zweimal Wahlhelfer bei der Landeswahl für die Grünen gespielt. Dazu habe ich wie ein grüner Wiggle im T-Shirt vor dem Wahllokal gestanden und “how to vote” – Wie zu wählen  – Karten verteilt. Die anderen Wiggles trugen rote T-Shirts – Labor, blau – Liberals, lila – Tierschutzpartei oder orange – Georgie, eine unabhängige Kandidatin, die auf dem South Melbourne Market einen Kartoffelstand betreibt.

(Hier die Wiggles, eine australische Band, die KInder unterhält und so knallbunte Shirts trägt wie wir als Wahlhelfer – Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wiggles_on_stage_2022.jpg , Autor: MontereyJim)

Wir brauchen hier diese “Wahlhilfen”, da das System ziemlich kompliziert ist. Wer 50% der Stimmen bekommt, hat den Wahlkreis gewonnen und seinen lokalen Kandidaten ins Parlament geschickt. Das schafft selten jemand mit der Erststimme. Daher gibt es Präferenzen. Man sagt also, wen man statt seines Kandidaten als nächstbesten wählen würde. Wenn der bevorzugte Kandidat Letzter, also draußen ist, gehen die Stimmen an den nächstbesten. Man muss alle Kandidaten durchnummerieren, vom ersten bis zum letzten.

Bei uns ist das Rennen – wie fast überall – eines zwischen Labor und Liberalen. Hier, wie öfter in der Innenstadt von Melbourne, haben auch die Grünen eine Chance. Letztes Mal gingen die meisten Stimmen an den liberalen Kandidaten, aber da die Grünen Dritte wurden, gingen ihre Präferenzen an den Laborkandidaten, der so den liberalen überholte und die Wahl gewann.

Martin Foley von der Labor Party, den Sozialdemokraten Australiens, war für lange Zeit, wohl für zwanzig Jahre, der lokale Abgeordnete aus meinem Wahlkreis. Ich kenne ihn auch als Vater von Kindern an der Schule, in die auch meine Kinder gingen. Unter anderem habe ich mit ihm bei einer Quizrunde am Tisch gesessen – ein netter Abend-  und auch so ab und an mit ihm geredet. Er genießt großes persönliches Ansehen, denke ich. Während der Pandemie wurde er Victorias Gesundheitsminister. Das war sicher nicht einfach. Vielleicht hat das dazu beigetragen, daß er nicht wieder antritt.

Das Rennen ist recht offen. Nächsten Samstag ist Wahltag. Da, wo wir diese Woche standen, kommen Leute, die früher wählen wollen. Wir alle, rot oder blau, grün oder lila, standen am Eingang Spalier. Der Platz ist ein Hochhaus direkt neben einer Baustelle, gegenüber auf der anderen Seite der Albert Road ist es grün, Palmen und dahinter, etwas weiter, der See im Albert Park, um den herum jedes Jahr im März der Formel-1-Grand-Prix stattfindet. Wo wir stehen kommt die Sonne leider nicht hin. Am Donnerstag war es richtig kalt, der Wind fegte mal wieder aus der Antarktis rüber, das war nicht schön. Auch kamen nicht viele zum Wählen. Am Samstag stand ich fünf Stunden dort, und das Wetter war gnädig. Erst ein wenig grau, erwarteten alle Regen, der aber nicht kam. Stattdessen klarte es etwas auf und der Himmel wurde blau. war auch nicht mehr ganz so kalt wie zwei Tage zuvor.

Egal, welche Farbe wir trugen: Es werden Kekse geteilt, wenn der Wind ein Schild umschmeißt, stellt der nächste es wieder auf, und Gespräche sind freundlich. Wenn es – was bei politisch interessierten Wahlhelfern unvermeidlich ist – um  Politik geht, bricht man ab, wenn’s zu kontrovers werden sollte. Rot und Blau beschmeißen sich in ihrer Wahlwerbung gegenseitig mit Lehm (die sollten sich was schäm’ ;-), bei uns am Wahllokal ging es trotzdem friedlich und kollegial zu. Das freut mich.

Weite Blicke

Auf dem Weg vom Einkauf nach Hause radelte ich eine dieser langen Straßen entlang, die es in Melbourne wohl tausende Male gibt. Oft sind die ein- und zweistöckigen Häuser hinter Bäumen “versteckt”, die unsere Straßen säumen. Das können einheimische Eukalypthen sein, Bäume aus der ‘Alten Welt”, wie .zb. Platanen, Ahorn oder Kastanien, oder farbenfroh blühende Zierbäume aus aller Welt, wie z.B. Jacarandas aus Lateinamerika oder Myrtle-Bäume.

Die geraden Straßen wurden oft vor langer Zeit angelegt. Seitdem die Stadt vom Auto beherrscht wird, ist der Wunsch gewachsen, Ruhe vor dem Haus zu haben und den Verkehr auf großen Schnellstraßen zu kanalisieren. Daher sind jahrzehntelang sehr viele gewundene Straßen entstanden, die, in der Neuzeit zusätzlich mit speed humps, Huckeln, an denen man abbremsen muß, versehen, den Durchgangsverkehr abhalten sollen.

Für den Fahrradfahrer sind solche Straßen natürlich schöner. Ich bevorzuge sie und ziehe sie den auf die Fahrbahn gemalten Fahrradwegen an Schnellstraßen vor. Diese sind ja manchmal eher potentielle Todesstreifen, auf denen man sein drittes Auge auf die an der Straße parkenden Autos wirft und versucht, frühmöglichst die Autohalter zu erspähen, bevor sie die Tür öffnen, in die man dann hineinradeln darf, schnell abbremsen und so über den Lenker “abzusteigen” oder einen Schwenk zu versuchen, der, wenn man das nicht vorausgeahnt hat, einen in die Fahrspur eines vorbeifahrenden Lasters geraten läßt.

In den alten quadratisch-praktischen Vororten gibt es oft zwischen den größeren Straßen noch die dunny lanes, “Klogassen”. Im Garten stand ja früher oft das Plumpsklo, und das mußte ab und an geleert werden. Zu diesem Zwecke hat der dunny man  nachts den Zugang durch die Hintertür bekommen.

Dies sind die Gassen, mit denen ich die ersten Schuljahre meiner Kinder zur Schule geradelt bin, bis diese sich allein auf den Weg gemacht haben. Bis heute radele ich oft durch solche kleinen Straßen, die heute oft Garagenstraßen geworden sind.

Generell kann man sehr gut durch Melbourne radeln, durch solche Straßen oder aber an Flüssen und Bächen entlang, durch Parks und anderes. Melbourne ist nicht zu hügelig, obwohl man doch ab und an merkt, daß Mount Martha oder Mount Waverley doch etwas mit der Landschaft und Anstiegen (und rasantem Runterradeln) zu tun haben. Wer seine Wege zumeist mit dem Auto erledigt, hat wahrscheinlich weniger Landschaft denn Linien und Gitter im Kopf, wenn er an Melbourne denkt.

Ich denke übrigens, daß Laufen und Fahrradfahren als alltägliche Fortbewegung gut geeignet sind, um sich mit seine Umwelt und seinen Mitmenschen auseinanderzusetzen. Der Autofahrer gleitet ja doch eher einer Insel auf vier Rädern durch die Gegend, und statt Mitmenschen zu begegnen, lassen sie sich vielleicht durchs Radio unterhalten, in dem oft sogenanntes Talkback Radio läuft, wo sich frustrierte Menschen über Gott und die Welt beschweren. (Ich mach das stattdessen hier;-)  Wer das als “Volkes Stimme” wahrnimmt, wird ganz sicher ein Pessimist, was die Menschheit angeht, und davon überzeugt, daß die Anderen alle in Horden an der nächsten Straßenecke nur darauf warten, ihn des Autos zu berauben, seine Frau zu vergewaltigen und die Kinder zu ertränken.

Die Fahrradfahrer sind dabei so ziemlich die Schlimmsten. Mir fällt gerade eine Geschichte vom Anfang der Pandemie wieder ein. Zu Beginn der Pandemie wurden Masken drinnen und draußen Pflicht. Ausgenommen waren davon Sporttreibende, wie Läufer und Radler. Es gab einige praktische Witze, wie man z.B. einer Strafe entkommt: “Just do a runner”, was im Jargon bedeutet, daß man davonläuft, wörtlich aber, zum Läufer zu werden.

Mary aus Northcote veranlaßte diese Regelung zu folgendem Leserbrief:

“Vor kurzem hielt ich mit dem Auto an der Ampel an und drehte mein Fenster hinunter. Ein Radler stoppte neben mir, drehte seinen Kopf in meine Richtung und spuckte auf die Straße. Sein Gesicht war etwa 30 cm von meinem entfernt.”

Ich habe mir diese Situation so vorgestellt:

Mary fährt Auto und muß an der Ampel anhalten. Wahrscheinlich hat sie die Heizung auf Anschlag, Hitzeanwallungen oder aber einfach einen hochroten Kof nach einer Stunde Radiohören. Sonst macht man im Juli das Fenster nicht auf, es sind 10 Grad draußen.

Da kommt der Fahrradfahrer. Das Gesicht ist dreißig Zentimeter von ihrem entfernt. Mary wird wohl in einem Toorak-Traktor, einem stadttauglichen allradgetriebenen Hochsitzer, durch die Gegend fahren. Über andere Autos sehe ich als Radler hinweg.

Wie der Radler denn Mary erblickt, überkommt ihn der nicht zu unterdrückende Drang, auszuspucken. Gott sei Dank trifft die Spucke nicht Mary, sondern landet auf der Straße. Pfffh. Welche Erleichterung. Alles ist gutgegangen, und Mary kann nach Hause fahren, um über ihre near death experience, ihre Begegnung mit dem Tode, in der Tageszeitung zu berichten.

Zurück zu den weiten Blick mit viel viel Himmel. Den kann man in Melbourne wirklich sehr viel genießen.  Ob im Alltag am Meer, am Albert Park Lake nahe meiner Arbeit, vom Büro zur Innenstadt, beim Bogenschießen oder am Wochenende, wie z.B. an Arthur Seat auf der Mornington Peninsula.

Vor Jahrzehnten, als es noch keine mehrstöckigen Wohnhäuser oder Bürotürme gab, haben Stadtarchiteckten oft öffentliche Gebäude, Denkmäler und Kirchen an Sichtachsen angelegt. Davon ist in der Zwischenzeit einiges verloren gegangen, wie z.B. der Blick auf die Katholische Kirche in Middle Park, die ich entlang der Richardson Street von vielleicht einem Kilometer Entfernung sehen konnte. Vor vielleicht zehn Jahren wurden in der Straßenmitte Bäume geplanzt, die jetzt diesen Anblick der Kirche verstecken.

Von der South Melbourne Town Hall, dem Rathaus von South Melbourne, kann man die Straße hinunter zum Shrine of Remembrance gucken, ein Mahnmal für gefallenene Soldaten. Heute sieht er etwas eingezwängt aus.

Zum Abschied für diese etwas weitschweifige Glosse ein Nachtbild: Einsamkeit am Abend. Ich habe etwa eine Viertelstunde an einem Vorort auf die Bahn in die Stadt gewartet, aber außer vier jungen Leuten, die aus mir unverständlichen Gründen aus einem mitgetragenen Lautsprecher Achtziger-Jahre-Musik spielten, war keine Menschenseele zu sehen.

Die Bahn war dann typisch spätstündlich spärlich besetzt. Im Kontrast zu beschwerenden Wortmeldungen habe ich an diesem Abend, wie oft, wenn ich mit  Bus und Bahn unterwegs bin, festgestellt, daß die meisten Passagiere Masken tragen. Ich selbst habe mich inzwischen daran gewöhnt, beim Betreten geschlossener Räume diese anzulegen. Ich betrachte es als schützende Höflichkeit, so wie man die Hand vor den Mund hält, wenn man hustet. Wenn’s nicht nützt, schaden kann’s auch nicht. Und es soll Schlimmeres geben als Maskentragen.

12 Monate in 12 Tagen – Tag 1: Die Geschichte von Charles Montgomery Foster, einem Ureinwohner aus der Lake Condah Mission unweit von Heywood, und seiner Familie

Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende entgegen. Zeit, um ein wenig in der eigenen Geschichte und der um uns herum zu graben.

Zu Silvester 2020/21 fuhr unsere Familie  nach Heywood, in den Westen Victorias. Unser Versuch, eine Studienfreundin und ihre Familie in Sydney zu besuchen und eine Reise dorthin durch verschiedene Orte in New South Wales, dem benachbarten Bundesstaat, anzutreten, war mal wieder am Virus gescheitert. Die Grenze zwischen den beiden Staaten, die wir oft, zumeist in der am Murray liegenden Doppelstadt Albury (in NSW) – Wodonga (Victoria), recht unzeremoniell überquert hatten, ist über die letzten zwei Jahre oft sowas wie die Grenze “ins Ausland” geworden. Seufz..

Die Urlaubsziele an der Küste sind zur Zeit im Sommer hoffnungslos ausgebucht, so daß wir uns umorientierten und nach Heywood fuhren. Ich hatte von dem Budj Bim Welterbe gehört, und hatte gehofft, daß uns lokale Ureinwohner mit einer Führung zum Verständnis desselben verhelfen. Leider kam es nicht dazu, da während der Feiertage am Ende des Jahres auch die Reiseführer im Weihnachtsurlaub waren.

Wie es der Zufall so will, las ich Wochen nach dem Urlaub eine Geschichte von Tony Wright in der Zeitung. Davon gleich ein wenig mehr. Tony Wright ist ein Journalist der Melbourner Tageszeitung The Age.

Der Budj Bim ist ein heute inaktiver Vulkan, der erst in jüngerer Vergangenhait, vor 30 bis 40 000 Jahren, entstand. Die Gurditjmara, in dieser Gegend heimische Aborigines, berichten in ihrer Schöpfungsgeschichte von dem Vulkanausbruch vor etwa 30 000 Jahren. Damit gehört diese Geschichte zu den ältesten erhalten mündlichen Überlieferungen in der Geschichte der Menschheit.

Mir ist bekannt, daß in der Gegend seit Jahrtausenden die Aborigines Aalnetze auslegen und Kanäle graben, um die Aale dort hinein gleiten zu lassen. Mit Sicherheit läßt sich diese Technik seit 6000 Jahren nachweisen. Weiterhin wurden auch mit Basalt gebauten Grundmauern von Hütten gefunden.

Die Besiedlung durch europäische Einwanderer begann hier 1841. Mehr als zwei Jahrzehnte später, 1867, wurde durch die anglikanische Kirche die Lake Condah Mission etabliert, in der die lokalen Ureinwohner der Gurditjmara zusamengetrieben wurden.

Als 1918 diese Mission geschlossen wurde, wurden mit der Ausnahme von vier älteren alle Aborigines in die Lake Tyers Mission in Gippsland verfrachtet, also auf die andere östliche Seite Victorias, hunderte Kilometer entfernt. Ein Teil des Landes wurde an aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrende Soldaten verteilt. Unter diesen Soldaten waren auch Aborignies, auch Gurditjmara. Diese aber waren von der Landverteilung ausgeschlossen. Land gab es nur für weiße Soldaten.

Diese Geschichte wiederholte sich nach dem Zweiten Weltkrieg. Trotzalledem, einige der Gurditjmara blieben bis zu den 1950ern  in der Gegend und nutzten die Kirche der Mission und schickten ihre Kinder auf die Schule dort, die bis 1948 existierte. Um dem ein Ende zu bereiten, wurde schließlich die Kirche zerstört und mit Ausnahme des Friedhofs, der Straße zur Mission und etwas Land mit den Überresten der Mission alles andere Gelände an Soldaten verteilt – wiederum mit Ausnahme der Aborigines, die im 2.Weltkrieg an der Seite weißer Australier gekämpft hatten.

Tony Wright war ein Schuljunge in den 50er Jahren, als er einen der Ureinwohner auf der Hauptstraße von Heywood bei einem wilden Tanz sah, angefeuert und/oder bespöttelt von den Einheimischen, die neugierig zusammen liefen und zuschauten. Tony schaute ihm in die Augen, und fand dort keinerlei Ausdruck von Humor. Erst viel später wurde ihm bewußt, was er dort gesehen hatte, ein Gesicht, welches eine Maske war, hinter der sich Verzweiflung verbarg.

Monty Foster war sein Name, und er gehörte zu den Ureinwohnern, die auf der Lake Condah Mission lebten. Er fing Aal und Hasen und verkaufte sie im Ort, reparierte Zäune und verdingte sich zu allerlei Gelegenheitsarbeit. Als junger Mann war er ein ausgezeichneter Läufer, bis er sich beim Holzhacken verletzte. Er war ein Boxer in den Zelten der lokalen Shows, mit denen sich die Leute von Heywood und Umgebung vergnügten.

Im Winter 1954 fuhr die Polizei zu seiner Familie hinaus. Sie fanden zwei seiner Töchter, Gloria, 13 Jahre alt, und Eunice, 9, auf dem Weg von der Schule nach Hause. Sie suchten auch nach deren sechsjährigen Bruder Ronnie, den sie schließlich bei einer Tante fanden. Die Polizei nahm diese drei Kinder mit sich und veranlaßten einen Prozeß gegen Monty und seine Frau Lyall, sie der Vernachlässigung ihrer Kinder bezichtigend.

Lyall war in Hamilton, wo sie wegen einer Tuberkulose-Erkrankung behandelt wurde, Monty war in der Nähe von Port Fairy auf einer Farm arbeitend.

Im Gerichtssaal standen viele Verwandte der Fosters, Tanten, Onkel, manche in den Uniformen, mit denen sie in den beiden Weltkriegen für die Armee gedient hatten, und bezeugten, daß sie sich sehr wohl um die Kinder gekümmert hatten.

Es nützte nichts. Die Bürokratie hatte es sich in den Kopf gesetzt, der Lake Condah Mission ein Ende zu bereiten und die dort noch Ansässigen zu vertreiben. Die drei Kinder wurden nach Melbourne verschickt, zu einem “Empfangszentrum” in Royal Park, und die Schwestern von ihrem Bruder getrennt. Schließlich gelangten alle drei in ein Waisenhaus in Ballarat.

Die Verwandten versuchten Monty zu erreichen. Zu spät, das Gericht war schneller.

In den nächsten Jahren, immer, wenn Monty etwas Geld beisammen hatte, trampte er nach Ballarat und gab seinen Kindern kleine Geschenke. Seine Versuche, die Behörden davon zu überzeugen, seine Kinder wieder nach Hause zu nehmen, scheiterten. Seine Frau konnte die Stille ihres kinderlosen Hauses nicht ertragen und zog nach Melbourne.

Als der kleine Tony, der spätere Journalist, Monty auf der Straße von Heywood tanzen sah, war Monty ein Mann ohne Zukunft, beraubt um seine Kinder und die Familie. Tony Wright lernte seine Geschichte erst viel später.

Dazu beigetragen hat Eurice, Montys Tochter, die seine Geschichte mit ihren Kindern teilte, und 1997 mit den Verfassern des “Bring Them Back Home”-Reports, “Bring sie nach Hause”, der Bericht, der Australiern und der Welt die Geschichte der Gestohlenen Generation, der Vertreibung und Trennung der Familien der Aborigines, vor die Augen führte.

Montys Tanz war seinem geistigen Zusammenbruch geschuldet. Er endete in der Psychatrie des Prince-Henry-Krankenhauses an Melbournes St.Kilda Road. Er starb 53jährig im Januar 1959, unterernährt und mit Wunden durch längere Bettlägerigkeit, wie seine Verwandten später erfuhren. Bis zum Ende seines Lebens war er ein Objekt eines paternalistischen Staates, ohne Rechte eines Staatsbürgers.

Wohl war den Behörden bekannt, wie sie seine Frau erreichen konnten. Es machte sich aber keiner die Mühe, und er wurde allein in einem Armengrab zur Ruhe gesetzt.

Seine Kinder wurden nach und nach aus dem Waisenhaus entlassen, wenn sie das Alter von 15 Jahren erreichten. Eunice fand zurück zu ihrer Mutter. Sie heiratete Jimmy Wright, einen Aborigine aus Sydney und hatte schließlich vier Kinder, 14 Enkel und 20 Urenkel. Sie behütete ihre Kinder und war vor Behörden stets auf der Hut, selbst, wenn es darum ging, einen Arzt zu Rate zu ziehen. Ihrer eigenen Kindheit beraubt, arbeitete sie vom Alter von 40 Jahren für 12 Jahre in einer Kinderpflege in Thornsbury, einem Melbourner Stadtteil.

Jimmy und Eurice kauften ein Haus in Branxholme, unweit der Lake Condah Mission. Der Gedanke ihres Vaters in einem Armengrab ließ Eurice und ihrem Mann keine Ruhe, schließlich borgten sie sich Geld von der Bank. Charles Montgomery Foster, mit vollem Namen, wurde schließlich auf dem Friedhof der Mission begraben. Lyall, Montys Frau, starb Tage später. Sie teilten sich am Ende auch ihren Todestag, den 22.Januar – er 1959, sie 1992. “Meine Mutter wartete, bis mein Vater, ihr Mann, nach Hause in sein Land zurückkehrte”, pflegte Eunice zu sagen.

Eunice Ina Wright starb im März letzten Jahres, 2020. Die Totenfeier fand an der Kirche der Lake Condah Mission statt. Nur ein paar Steine der Grundmauern stehen noch. Die Behörden hatten beschlossen, die Räumung der Mission zu beschleunigen, und zerstörten die Kiche 1957 mit 13 Stangen Dynamit.

Kurz danach tanzte Monty seinen letzten Tanz.

Ein Ausflug zu den Goldfeldern

In Melbourne, genauer in Flemington, findet jedes Jahr am ersten Dienstag im November das Pferderennen statt, “the race that stops the nation”, das Rennen, währenddessen die Nation den Atem anhält, wie es so schon heißt: Der Melbourne Cup. Tatsächlich berichteten mir Leute aus Sydney, mit denen ich am Tag darauf sprach, daß sie um drei Uhr die Arbeit ruhen ließen, um das Rennen zu schauen.

Nun, wir haben das Rennen dieses Jahr ignoriert und sind hinaus zu den Goldfeldern gefahren, nach Ballarat und Umgebung. 1951 brach in Victoria wie in New South Wales das Goldfieber aus. Wohl hatte man schon vorher Gold gefunden, aber die Funde waren sporadisch, und die Regierenden hatten kein großes Interesse. Warum, kann man sich mit Governeur Charles La Trobe erklären, der sich nach dem Ausbruch beklagte, daß es keine Arbeiter mehr in Melbourne gäbe, da jeder alles stehen und liegen ließ, um sein Glück mit der Goldsuche zu suchen.

Auf der Hinfahrt verließen wir kurz vor Ballarat die Schnellstraße und fuhren nach Creswick. Den vergangene Reichtum der Stadt läßt sich an den viktorianischen Gebäuden links und rechts der Hauptstraße ablesen, an Hotels,  Postamt und Banken. Creswick ist auch der Geburtsort der Künstlergeschwister der Lindsay-Familie, unter ihnen Norman Lindsay, Schriftsteller, Karrikaturenzeichner, Maler und Bildhauer.

Er verewigte seine Geburtsstadt in dem Roman “Redheap”, in dem er sich über die wohlgesitteten Bürger seiner Heimatstadt lustig machte. Das Werk war den Einheimischen gar nicht recht und landete erst einmal 30 Jahre auf der Liste der Zensoren.

Wir hatten einen schönen Frühlingstag erwischt und beendeten diesen Ausflug mit einem Spaziergang um den St.Georges Lake, einen künstlich angelegten See, um die Wasserersorgung der Stadt und der Goldmühle zu sichern. Das passierte um 1895. Die Stadt hatte damals 25 000 Einwohner heute sind es etwas mehr als 3000.

Es war ein schöner Spaziergang und erinnerte mich etwas an Ausflüge an Seen in meiner alten Heimat, in Mecklenburg.

In Ballarat konnten wir unter anderem sehen, was der Sturm, der am Freitag davor durch unsere Weltgegend gefegt war, an Schaden angerichtet hatte. Der Botanische Garten war geschlossen, wir konnten umgestürzte Bäume sehen. Diese Frühlingsstürme sind nichts Ungewöhnliches, ich glaube aber, dieser Sturm war etwas heftiger als gewöhnlich.

Auf der Rückfahrt schauten wir uns Clunes an, wo 1851 in Victoria der Goldrausch began. Wir plauschten mit den im Sonntagsstaat sitzenden Rentnern, die gemeinsam das Pferederennen im Fernseher anschauten und darauf wetteten. Ich fotografierte das Denkmal für die im 1.Weltkrieg Gefallenen, ein einsamer Soldat, Gewehr bei Fuß, stellvertretend für all diese Denkmäler, die es praktisch in jedem australischen Orte findet. Die meisten sind sehr ernste Angelegenheiten, nicht von Heldentum, sondern von Trauer geprägt. Der Weltkrieg kostete vielen vielen jungen Australiern das Leben.

Kosmische Botschaften

Vor ein paar Jahren habe ich meinem Sohn ein Buch geschenkt. Science Fiction, die mir eher zufällig über den Weg gelaufen ist. Wie das so manchmal ist, hat dieses Buch den Beschenkten nicht besonders beeindruckt. Aber, da das Geschenk im Hause blieb, konnte ich es selbst lesen und wurde so ein Fan von Becky Chambers.

“the long way to a small angry planet”, zu deutsch  “Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten”, ist das erste von bisher vier Büchern der Wayfarers Series. Diese Bücher kann man sicher auch alleinstehend lesen, auch wenn sich einige Personen und Themen überschneiden. Ich würde empfehlen, sie zusammen und in der Reihenfolge ihres Erscheinens zu lesen. Ich selbst habe bisher die ersten drei verschlungen, das vierte Buch erschien erst kürzlich. Dank Lockdown bin ich seit ein paar Monaten nicht in einem Buchladen gewesen, und habe es auch noch nicht geschafft, es online zu bestellen. Wahrscheinlich werde ich es mir in zwei Wochen kaufen, wenn ich mich dann wieder in Person in einer Buchhandlung umschauen kann.

Was mir an den Büchern von Becky Chambers gefällt, ist der positive Ton. Ich bin mit Utopien aufgewachsen, wenn ich mich recht erinnere, hieß die ganze Kategorie damals auch “utopische Literatur”. In den letzten Jahren sind mir zu viele Dystopien über den Weg gelaufen. Zumeist scheint Zukunft heute etwas zu sein, wovor wir uns eher fürchten.

Wobei die Bücher von Becky Chambers nicht “Friede Freude Eierkuchen”-Gechichten sind. Sie werden aber bevölkert von Wesen, Menschen und Weggefährten anderer Zivilisationen, die zumeist  mehr in Aufbau und Erkundung denn an Zerstörung interessiert sind.

Im dritten Buch, record of a spaceborn few, war ich denn doch platt, weil – jenseits der kosmischen Umgebung, kam mir der Gesellschaftsentwurf sehr vertraut vor. Die Rede ist von der Exodus Fleet, die die Erde verließ, als diese unbewohnbar wurde. Sie nahm mit sich mit all das, was den Bewohnern als wiederverwertbar erschien, und trieb durchs Weltall auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Schließlich trafen sie auf andere Zivilisationen, und die Gesellschaft fand sich im Zwiespalt zwischen egalitärer Selbstgenügsamkeit und einer reicheren, aber auch profitorientierteren, egoistischeren Außenwelt.

Während der Pandemie fand ich ein weiteres schmales Bändchen von Becky Chambers, welches nicht zur Wayfarers-Serie gehört, “To be taught if fortunate”. Es endet mit der Botschaft von Kurt Waldheim, 1977 Generalsekretär der Vereinten Nationen, die auf der Goldenen Schallplatte, the Golden Record, verewigt wurde. Diese Schallplatte wurde mit den Raumsonden Voyager 1 und 2 in den Weltraum geschossen, und treibt seit damals durchs All. Inzwischen hat sie die Umlaufbahn des inzwischen zum Zwergplaneten degradierten Pluto überquert und ist auf dem Wege hinaus aus unserem Sonnensystem.

Die Goldene Schallplatte enthält auf 90 Minuten, ermöglicht durch eine gegenüber einer gebräuchlichen Schallplatte halbierten Abspielgeschwindigkeit von 16 2/3 Umdrehungen per Minute, die Botschaften von Kurt Waldheim – im wunderbar östereichischem Englisch – und US-Präsident Jimmy Carter, Töne von Beethovens 5. Sinfonie und Chuck Berrys Johnny B.Good, sowie “Hallos” in vielerlei Sprachen, von Alt-Sumerisch bis hin zu einem Gruß in Chinesisch an potentielle intergalaktische Zuhörer: “Freunde im All, habt ihr schon gegessen? Kommt, besucht uns, wenn ihr etwas Zeit habt.”

Beckys Chambers Eltern sind eine Astrobiologin und ein Satellitentechniker, und so mag es nicht verwundern, daß ihre Bücher durch Zeit und Raum reisen.

Die Geschichte um die Goldene Schallplatte ist ebenfalls eine Liebesgeschichte. Anne Druyan und Carl Sagan, beide an der Schallplatte beteiligt, telefonierten am 1.Juni 1977 miteinander und beschlossen zu heiraten. Zwei Tage später wurden Annes Hirnströme, ihr EEG, aufgezeichnet. Diese sind auch auf der Schallplatte zu finden.

Letztes Jahr veröffentlichte das Melbourner DJ-Duo The Avalanches das Album “We Will Always Love You”. Die Geschichte der Goldenen Schallplatte, von Anne und Carl inspirierte diese Platte, und es finden sich Schnipsel von der Voyager-Botschaft auf diesem Album wieder, wie die Stimme von Kurt Waldheim und das “Hallo von den Kindern der Erde”.  Die Platte ist das Resultat tausender Samples und viel viel Arbeit von  Robbie Chater und Tony Di Blasi. In einem der Stücke finde ich Alan Parsons “Eye in the Sky” wieder, und es wird gesungen und gerapt, von Sampa The Great, Kurt Vile, Mick Jones (The Clash), Perry Farrell (Jane’s Addiction), um nur einige zu nennen.

Ich habe Ausschnitte von diesem Album bei PBS im Radio gehört, als ich, von meiner Tochter aus dem Krankenhaus kommend, im Dunkeln die Bucht entlang nach Hause fuhr. Es ist Musik, die mich in den letzten Monaten immer wieder begleitet hat. Es gibt darin so viel zu finden. Fantastisch!

“Wir treten aus unserem Sonnensystem in das Weltall und suchen nur Frieden und Freundschaft, um zu lehren, wenn man sich an uns wendet, und zu lernen, wenn es das Glück will. Wir wissen sehr wohl, daß unser Planet und all seine Bewohner nur ein kleiner Teil des unermeßlichen Weltraums sind, der uns umgibt, und wir unternehmen diesen Schritt in Demut und Hoffnung.“

Moreland: Die Bahn geht nach oben

Seit heute dürfen wir Melbourner uns aus unserer 5km-Umgebung herauswagen. Was meine Frau und ich auch getan haben. Ich habe sie auf eine Magical Mystery Tour geschickt, wr sind mit dem Fahrrad nach Norden geradelt, bis an die Grenze unserer 10km, die wir nun bereisen dürfen. Ansonsten sind der Melbournerin nun Picknicks erlaubt. Was ihr bei vielleicht 15 Grad, starkem Wind und gelegentlich Schauer ein müdes Lächeln entlockt. Das Picknick haben wir uns später auf. Heute haben wir uns mit einer kleinen Pause und einer Schachtel Keksen gegenüber der Bahnstation Royal Park, wo der Melbourner Zoo zuhause ist, begnügt.

Hinaus aus unserem Wohnviertel ging es durch die Docklands, ein in den letzten 20 Jahren entstandenen Neubauviertel mit vielen Hochhäusern. Von dort wollte ich den Moonee Ponds Creek, ein kleines Bächlein, unter den Stelzen, auf denen der Tullamarine Freeway, eine Mautstraße zum Flughafen, ruht, entlang radeln. An der Autobahnabfahrt zur Innenstadt, wie an anderen Straßen, die in die Stadt führen, stand polizei und kontrollierte. Die Bahn selbst war am morgen stillgelegt worden. Der Grund: eine Demo von “Freiheitskämpfern”, die mit den derzeitigen Beschränkungen, dem Impfen und dem Leben im allgemeinen und im besonderen nicht zufrieden sind. Ich sag nur: Freier Fall für freie Bürger.

Nicht das mir das Leben mit Lockdown 6.0 nicht auf den Wecker geht. Aber das ist eine andere Geschichte und soll heute nicht mein Thema sein. Nur so viel: Es hat auch mein geistiges Leben etwas lahmgelegt, Energie und Laune befinden sich nicht unbedingt auf höchstem Niveau.

Der Fahrradweg am Moonee Ponds Creek ist mir sehr vertraut, vier Jahre lang bin ich ihn entlang zur Arbeit nach Kensington geradelt. Heute habe ich aber Kensington wortwörtlich links liegen lassen.

Etwas weiter nördlich weitet sich das Grün, der bereits erwähnte Royal Park kommt in Sicht. Hier ist, wie gesagt, der Zoo zur Hause, der zur Zeit mit Sicherheit geschlossen ist, wie so manches. Nach der Pause setzen wir unseren Ausflug fort, nun im wesentlichen entlang der Bahn, die nach Upfield führt. Hier hat der Fahrradweg nicht viel Platz, oft ist es nur ein kleiner Pfad eingequetscht zwischen Stacheldrahtzaun der Bahnlinie und Lagerhäusern des Stadtviertels von Brunswick.

Plötzlich kommt ein großes Wandgemälde ins Blickfeld. Jacinda Ardern, mit ernstem Gesicht, eine Muslimin umarmend, gemalt an ein mehr als zwanzig Meter hohes Silo. Es erinnert an das Massaker von Christchurch im März 2019. 51 Menschen starben, als ein gewalttätiger haßerfüllter Australier in zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch  eindrang und das Feuer eröffnete.

Für mich symbolisiert dieses Wandgemälde einen signifikanten Unterschied zwischen meiner derzeitigen Heimat und unseren Nachbarn jenseits des Tasman. Ich hätte keinen aus unserer Bundesregierung für fähig gehalten, eine echte menschliche Regung zum Ausdruck zu bringen. Der derzeitige Ministerpräsident hat unter anderem als Minister für Einwanderung die Verunmenschlichung dieses Landes vorangetrieben.  Das Wandgemälde ist für mich aber auch ein Ausdruck meiner Heimatstadt und seiner Kultur und Haltung.

Schließlich erreichen wir die Moreland Station, einen neuen Bahnhof. Das alte Backsteingebäude, wie seine Geschwister an der gleichen Linie aus viktorianischer Zeit, aus dem 19. Jahrhundert stammend, sitzt unterhalb der Bahn, die sich hier in die Lüfte erhebt. Die Landesregierung hat in den letzten Jahren bisher ca. 50 Schranken entbehrlich gemacht, an denen die Autos, Fahrräder und Menschen warten mußten, während der Zug durchfuhr.

Das Projekt stieß zunächst auf viel Ablehnung. Von Verschandelung des Stadtbildes war die Rede, von Ängsten, Anwohner könnten ihre Privatsphäre verlieren, wenn der Zug über ihre Hintergärten hinweg fuhr. Diese Stimmung, sicher auch von unseren rechtsgerichteten Revolverblättern und privaten Fernsehstationen geschürt, hat sich doch geändert. Unter den Gleisen sind Parks entstanden, Spielplätze, Skateparks, Basketballfelder und mehr, und Stadtteile, mehr als 100 Jahre durch die Bahntrassen getrennt, sind nun miteinander verbunden. 1911 wurden auf Drängen der Einwohner 270 Bäume neben dem Bahnhof gepflanzt, dieser Park wurde später Gandolfo Park genannt, nach dem ersten Bürgermeister von Coburg, 1968, gewählt, der nicht von den Britischen Inseln stammte. Es ist erfreulich, daß sich heute mehr Grün dazugesellt.

Die Inspiration für die Namen der Stadtteile, Brunswick – Braunschweig – und Coburg ist die Herkunft und Abstammung des englischen Königshauses. Es bedurfte des 1.Weltkrieges, daß sich dieses von seinem deutschen Namen, Haus Sachsen-Gotha und Coburg, verabschiedete und  sich seitdem Haus Windsor nennen, nach einem ihrer Schlösser. Wenn man Engländer ärgern möchte, dann erzähle man ihnen, daß sie von deutschen Einwanderern regiert werden.

Wir nehmen uns Zeit, die Umgebung des Bahnhofes zu erlaufen. Kleine cottages, weatherboard houses, weißgemalte Holzhäuser, und hundert Jahre alte Steinhäuschen, umsäumen die Seitensstraßen, es grünt und blüht der Frühling in den Vorgärten. Brunswick und Coburg waren keine Stadtteile der Reichen. Das fanden auch die Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu, die Missionary Sisters of the Sacred Heart aus Hilstrup, Münster. 5 Missionsschwestern wurden 1928 nach Melbourne gesandt und gründeten hier ein Krankenhaus, welches 1939 an der Moreland Street seine Pforten öffnete.

Nach dem zweiten Weltkrieg, als Australien das Ziel einer Auswanderungswelle aus der Alten Welt, noch kriegszerstört und arm, wurde, siedelten viele Einwanderer aus Italien, Jugoslawien, Griechenland, der Türkei und anderswo in Brunswick und Coburg. Bis heute prägen sie diese  Stadtteile. In den letzten Jahrzehnten zogen hier viele junge Menschen und Familien hierher. Gaststätten, Kneipen mit Live Music, Bäckereien und Cafes sind an der Sydney Road, der vielbefahrenen Hauptstraße mit der Stradßenbahn in der Mitte, zu finden. Ich versuche in einer französisch angehauchten Bäckerei Brot zu bekommen. Das ist ausverkauft. Es gibt aber Croissants und kleine Gebäckstückchen und Törtchen, mit denen wir dann vorlieb nehmen. Wenn wir kein Brot haben, können wir zumindest Kuchen essen!